Tobias Huber: „Amateurfußball ist für mich einfach ein großes Gemeinschaftsgefühl“

Tobias „Tobi“ Huber ist einer der begnadetsten Spieler, die der Landkreis Rottal-Inn in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Der 29-jährige, gebürtige Gangkofner hat in seiner Karriere schon so einiges erlebt, denn sein Weg führte ihn von Gangkofen über Dingolfing, Burghausen und Pfarrkirchen schließlich nach Eggenfelden, wo er aktuell als spielender Co-Trainer in der Landesliga Südost tätig ist. Warum der FC Bayern nicht in dieser Liste auftaucht, wie er unter Mario Basler trainiert hat und wie er seine Zukunft als Trainer sieht, verrät er im großen heimatsport.de-Interview.

Tobias, erst vergangene Woche hast Du dem SSV Eggenfelden die Zusage für eine weitere Saison als Trainer gegeben. Was hat Dich dazu bewogen?
Tobias Huber: Ich fühle mich in Eggenfelden total wohl, kann auf sehr gutem Niveau Fußball spielen und zudem haben wir eine tolle, entwicklungsfähige Mannschaft, der ich in den nächsten Jahren so einiges zutraue. Sehr entscheidend war auch die tolle Zusammenarbeit mit Johannes Viehbeck, mit dem es mir enorm viel Spaß macht und zu dem ich als Trainerkollege einen sehr engen Kontakt pflege. Deshalb gab es für mich keinen Grund, etwas anderes in Betracht zu ziehen.

Zur Winterpause steht der SSV mit 25 Punkten auf Platz 11 und somit über dem Strich. Wie fällt Dein Fazit fürs erste SSV-Halbjahr in der Landesliga aus?
Huber: Wir sind sehr gut in die Saison gestartet, obwohl wir viele Spieler in unseren Reihen haben, für die der Fußball in der Landesliga Neuland war und die sich erst einmal an das Niveau gewöhnen mussten. Zum Ende hin ist uns etwas die Luft ausgegangen, da die hohe Belastung durch die vielen Doppelspieltage und die zahlreichen Verletzungen ihre Spuren hinterlassen hat. Leider hatten wir von Anfang der Saison mit großem Verletzungspech und durchaus schwerwiegenden Ausfällen zu kämpfen. Wenn wir hiervon etwas verschont geblieben wären, bin ich mir sicher, dass wir den einen oder anderen Punkt mehr eingefahren hätten.

Zuletzt gab es drei Niederlagen am Stück. Trübt das die Bilanz einer eigentlich guten Vorrunde?
Huber: Nach den beiden überzeugenden Siegen gegen Töging und Bruckmühl haben wir uns vorgenommen, bis zur Winterpause die 30-Punktemarke zu knacken. Zu dem Zeitpunkt standen wir bei sehr guten 25 Punkten. Dass wir dann gegen drei direkte Konkurrenten keine Punkte mehr geholt und daher auch teilweise im direkten Vergleich das Nachsehen haben, ist natürlich enttäuschend. Nichtsdestotrotz haben wir jetzt in der Winterpause Zeit, uns zu erholen und uns dann top auf die Rückrunde vorzubereiten.
Mit Valdrin Blakaj hat Dein Co-Trainerkollege den SSV in der Winterpause verlassen. Was bedeutet das fürs Trainer-Team?
Huber: In der Zusammenarbeit im Trainerteam ändert sich dadurch jetzt nichts Gravierendes. Wir haben in der Dreierkonstellation hervorragend harmoniert, sind aber nach wie vor auch für die Zukunft sehr gut aufgestellt.

Du bist als spielender Co-Trainer und Deiner Position im zentralen Mittelfeld immer mitten im Geschehen. Wie definierst Du Deine Rolle auf und neben dem Platz?
Huber: Ich versuche natürlich auf dem Platz durch meine Leistung und meinen Einsatz voranzugehen. Wir haben zudem sehr viele junge Spieler, die man gewissermaßen führen muss. Denen will ich mit meiner Erfahrung helfen und ihnen den Druck nehmen, damit sie sich auf ihre Leistung konzentrieren und befreit aufspielen können. Neben dem Platz bin ich natürlich dadurch, dass ich selbst noch Spieler bin, auch ein normaler Bestandteil der Mannschaft. Wir haben einen super Zusammenhalt im Team und unternehmen auch außerhalb regelmäßig etwas zusammen.

Zum Auftakt gab’s gegen Ampfing einen emotionalen Last-Minute-Sieg, gegen Bruckmühl und Töging zwei Kantersiege. Was ist Dein persönliches Highlight der laufenden Saison?
Huber: Das Spiel gegen Grünwald war für mich das bisherige Highlight – jedoch nicht, weil es unsere beste Leistung war. Wir hatten nur wenige Tage zuvor zuhause 0:5 gegen Erlbach verloren und waren zu der Zeit personell sehr gebeutelt. Zudem mussten wir in den ersten 20 Minuten bereits wieder zwei verletzungsbedingte Wechsel vornehmen und Grünwald hatte im ersten Abschnitt 100-prozentige Torchancen im Fünf-Minuten-Takt. In der 2. Halbzeit haben wir zwar besser ins Spiel gefunden, waren aber weiterhin die unterlegene Mannschaft. Durch einen beherzten Auftritt, bei dem wir alles in die Waagschale geworfen haben, konnten wir das Spiel am Ende aber mit 1:0 gewinnen. Der Großteil der Mannschaft war absolut am Anschlag, hatte ab der 60. Minute mit Krämpfen zu kämpfen. So waren es nicht nur wichtige drei Punkte, sondern dieses Spiel hat uns gezeigt, dass wir selbst an so einem Tag in der Lage sind, durch unsere Moral und unser Kollektiv einen Sieg einzufahren. Und das hat uns für die kommenden Spiele natürlich einen richtigen Aufwind gegeben.

Vor allem in der Offensive hattet ihr mit großem Verletzungspech zu kämpfen. Phasenweise musstet ihr sogar auf 14 Spieler verzichten, dennoch konntet ihr auch in dieser Zeit wichtige Punkte einfahren. Sind das Kollektiv und die Charakterstärke heuer die großen Pluspunkte des SSV?
Huber: Das kann man so unterstreichen. Daniel Muteba, der uns Richtung Buchbach verließ, Daniel Ungur, der aufgrund eines Kreuzbandrisses die ganze Saison nicht zur Verfügung steht und Christian Birkner, der immer wieder mit muskulären Problemen zu kämpfen hat, waren im letzten Jahr die Garanten für sehr viele Scorerpunkte, die uns diese Saison natürlich fehlen. Wir haben es aber erstaunlich gut hinbekommen, dass wir diese Verluste im Kollektiv kompensieren konnten. Wer den Fußball bei uns im Umkreis verfolgt, der weiß, dass es gegen die Münchner Vereine in der Landesliga alles anderes als ein Zuckerschlecken ist. Der große Vorteil ist und bleibt, dass es für uns etwas Besonderes ist, in dieser Liga zu spielen und sich dort regelmäßig mit tollen Fußballern messen zu können. Dennoch kann man auch gegen diese Gegner mit einer mentalen Stärke und dem absoluten Willen oft mehr erreichen, als man glaubt.

In fast allen Spielen agierte der SSV auf Augenhöhe, einzig gegen Erlbach war’s von Beginn an eine klare Angelegenheit – setzt ihr als Trainerteam mehr auf die spielerische Komponente als rein auf kämpferische Aspekte?
Huber: Wir im Trainerteam wollen natürlich klar über das Spielerische kommen, und auch unseren Jungs ist der spielerische Ansatz enorm wichtig. Wir versuchen, auch immer zuerst die spielerische Lösung zu finden, mussten durch den Aufstieg unsere Spielweise im Vergleich zur Bezirksliga aber auch teilweise etwas anpassen. Es ist grundsätzlich aber wichtig, dass man als Verein eine klare Spielidee hat, mit der man auftreten will und die man verfolgt. Der SSV hat diese definitiv und wir lassen uns davon auch so leicht nicht abbringen.

Wie würdest Du Deine Spielphilosophie definieren?
Huber: Hier habe ich glücklicherweise eine sehr ähnliche Sichtweise wie mein Trainerkollege Johannes. Wir wollen versuchen, den Gegner spielerisch unter Druck zu setzen. In der Bezirksliga war es beispielsweise etwas leichter durchs Zentrum zu spielen und wir hatten mit Dani Ungur vorne drin auch den optimalen Zielspieler. Aktuell haben wir die Herangehensweise aber etwas umgestellt, versuchen mehr über die Außen zu kommen und den Gegner möglichst früh zu pressen – egal ob es eine Mannschaft aus dem vorderen Drittel der Tabelle oder aus dem Tabellenkeller ist. Ziel ist ein früher Ballgewinn, um den möglichst kurzen Weg zum Tor zu haben.

Du hast schon früh in Deiner Karriere tolle Erfahrungen im Drittliga-Kader des SV Wacker Burghausen sammeln dürfen. Was ist aus dieser Zeit im Profibereich hängen geblieben – und was ist der größte Unterschied zum Amateurfußball?
Huber: Ich habe damals schnell gemerkt, dass das Profi-Dasein nicht nur Sonnenseiten hat, die man in den Medien gespiegelt bekommt. Vor allem als junger Spieler muss man sich sein Standing in der Mannschaft hart erkämpfen und in jedem Training geht es um einen Kaderplatz. Natürlich gibt es aber auch sehr schöne Seiten, wie das erste eigene Trikot, das erste Mal auf dem großen Mannschaftsfoto oder natürlich auch die Erfahrung, mit namhaften Spielern zusammenspielen und trainieren zu dürfen – das werde ich alles auch sicher nie vergessen. Im Amateurbereich dagegen ist alles von deutlich weniger Egoismus geprägt. Man versucht natürlich, jeden Tag alles aus sich raus zu holen, hat aber nicht den großen Druck, einen möglichst guten Vertrag zu bekommen oder sich für einen Wechsel in eine höhere Liga zu empfehlen. Es geht vielmehr um den Spaß am Fußball und darum, dass man sein Hobby gemeinsam mit seinen Kumpels ausübt.

Mit Mario Basler hattest Du eines der bekanntesten Gesichter der deutschen Fußballwelt als Trainer. Wie war es für Dich, als junger Spieler unter ihm zu trainieren?
Huber: Anfangs war das zugegebenermaßen schon enorm aufregend. Ich war als Kind ein riesen Bayern-Fan, war stolzer Besitzer eines Basler-Trikots und konnte mich auch durchaus noch an seine Auftritte im Bayern-Dress erinnern. Nach nur kurzer Zeit merkt man aber, dass er einfach genau der Lebemann ist, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt. Die Redewendung, dass „Genie und Wahnsinn oftmals nah beieinander liegen“, trifft bei ihm zu 100 Prozent zu. Er hat mit seinen damals rund 40 Jahren im Training immer noch weitaus bessere Freistoße und Flanken geschlagen als jeder seiner Spieler. Und ich denke, dass es auch selten eine Profi-Mannschaft in Deutschland gab, die so viel frei hatte oder so oft Fußball-Tennis gespielt hat wie Wacker Burghausen in der Zeit unter Trainer Mario Basler (schmunzelt).

Aber auch auf dem Platz standen neben Dir sehr namhafte Spieler. Julian Pollerspöck, Tobias Schröck, Maxi Thiel, Sören Halfar oder Ronald Schmidt, um nur ein paar zu nennen. Von welchem konntest du am meisten mitnehmen?
Huber: Ronald Schmidt hat mich enorm beeindruckt. Er war immer der fitteste und ist bei jedem Laktattest vorne wegmarschiert. Auch wenn er mal in der U23 spielen musste, war er immer perfekt vorbereitet und man hat ihm nie angemerkt, dass er keine Lust hätte. Er war auf und neben dem Platz ein absolutes Vorbild, von dem man sich so einiges abschauen konnte.

In der Jugend hattest Du sogar ein Probetraining beim FC Bayern. Warum hat damals nicht mit einem Wechsel zum Rekordmeister geklappt?
Huber: Bayern hätte mich damals genommen, allerdings gab es keinen freien Platz im Internat mehr – den letzten freien Platz hat ein gewisser David Alaba bekommen. Und es war in der damaligen Konstellation einfach nicht möglich, dass mich meine Eltern fünf bis sechsmal in der Woche nach München fahren. Ich bin ja auch noch in die Schule gegangen, daher war es ohne den Platz im Internat schlicht nicht machbar.

Nach Einsätzen in der Bayern- und Landesliga in Burghausen bist Du mit 20 Jahren als spielender Co-Trainer zu Deinem Heimatverein TSV Gangkofen gewechselt. Wie kam es damals zu der Entscheidung, die Zelte in Burghausen abzubrechen und schon in jungen Jahren als Trainer zu arbeiten?
Huber: Damals habe ich bei den Burghausener Profis trainiert, in der U23 gespielt und zudem täglich von 6 bis 9 Uhr morgens bei Wacker im Werk gearbeitet. Um zehn ging es auf den Trainingsplatz und meistens war am Nachmittag noch eine zweite Einheit. Nach einem halben Jahr habe ich gemerkt, dass mir das alles zu viel ist und ich den Spaß am Fußball allmählich verliere. Zudem war mein Arbeitsvertrag mit den drei Arbeitsstunden pro Tag nur auf ein halbes Jahr befristet. Daher stand ich vor der Entscheidung, ob ich das Arbeitsverhältnis aufgebe oder in ein normales Anstellungsverhältnis wechsle. Den Job aufzugeben war für mich aber definitiv keine Option. Zudem ist der Kontakt nach Gangkofen über die ganze Zeit hinweg nie abgerissen und es haben damals auch sehr viele meiner Freunde beim TSV gespielt. Mit denen wollte ich einfach kicken und Spaß am Fußball haben. Und diese Entscheidung habe ich im Nachhinein kein einziges Mal bereut.

Beim TSV warst Du auch lange Zeit der Trainer einiger Deiner Freunde. War der gute Draht zu den Spielern ein Vorteil oder konnte es auch ab und zu ein Nachteil sein?
Huber: Allgemein musste ich in der Zeit als junger Trainer natürlich sehr viel lernen. Hier war es durchaus ein Vorteil, mit vielen Freunden zu arbeiten, die mir von Anfang an großes Vertrauen entgegengebracht haben. Zudem waren wir ein eingeschworener Haufen, was sicher auch ein wichtiger Faktor für den gemeinsamen Erfolg war. Ab und zu hätte ich mir aber schon gewünscht, wenn ich etwas weniger mitbekommen hätte, wenn beispielsweise ein Spieler vor einem Spiel abends unterwegs war. Darauf reagiere ich nämlich wirklich allergisch – aber Gottseidank ist das nicht allzu oft vorgekommen.

Du bist noch keine 30 Jahre, kannst aber bereits auf eine enorme Erfahrung als Trainer von der Kreis- bis hin zur Landesliga zurückblicken. Was sind Deine Ziele als Trainer in Eggenfelden und allgemein für Deine Zukunft als Trainer?
Huber: Das große Ziel in dieser Saison ist natürlich ganz klar der Klassenerhalt. Wir wissen, dass es noch ein hartes Stück Arbeit wird, haben es aber in der laufenden Spielzeit schon mehrmals bewiesen, dass wir absolut mithalten können. Daher wollen wir dieses Ziel auch schnellstmöglich erreichen. Wenn wir in der Liga bleiben, wovon ich ausgehe, wollen wir uns mittelfristig in der Landesliga etablieren. Die Mannschaft hat ein enorm großes Potential, daher bin ich mir sicher, dass wir in den nächsten Jahren eine gute Rolle in dieser Liga spielen können. Persönlich möchte ich über kurz oder lang natürlich auch wieder mal eine Mannschaft als Cheftrainer übernehmen. Über das Wann und das Wo mache ich mir aber aktuell gar keine Gedanken.

Und zum Abschluss die wichtigste Frage: Was macht für Dich den Amateurfußball so besonders?
Huber: Der Fußball begeistert nach wie vor enorm viele Menschen, egal in welcher Liga. Wenn man Derbys in der Kreisklasse oder der Kreisliga erlebt, bei denen gefühlt das ganze Dorf zuschaut, dann ist das natürlich schon etwas sehr Besonderes für uns als Spieler. Amateurfußball ist für mich einfach ein großes Gemeinschaftsgefühl, was ihn am Ende auch einfach zu etwas sehr Besonderen macht.

Interview: Lukas Hummelsberger

Quelle: heimatsport.de

Foto: Georg Gerleigner

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